Fotografie von Marco Wenzel

Lange Zeit nur virtuell über Twitter vernetzt war das erste Treffen mit Marco und mir dann direkt ein sehr fruchtbares. Das erste Treffen war der Fotowalk im Quelle Gebäude und das war nicht irgendein Fotowalk, denn es entstand daraus die vielbeachtete Großversandhausfotografie im April in der Weinerei. Marco war mit unter den Teilnehmern beim Walk und später dann mit seinen großformatigen Panoramen auch bestaunter Aussteller im Rahmen der Sammelausstellung. Als Freund der urbanen Fotografie und mit seinem in Panoramafotos verewigten Blick auf Räume und Landschaften darf ein größerer Hinweis auf ihn in diesem Blog nicht fehlen. Es wurde also Zeit für ein paar Fragen an Marco Wenzel aka @DerWenz. Bitteschön!

Bitte stell dich kurz vor.
Ich bin Marco, 31 Jahre alt, Diplomingenieur. Ursprünglich komme ich aus Thüringen, doch schon nach dem Abitur hat es mich regelmäßig in unterschiedlichste Ecken Deutschlands verschlagen. Vor knapp drei Jahren bin ich dann in Nürnberg gelandet und es gefällt mir hier ganz gut. Ich könnte mir durchaus vorstellen, in dieser Region länger zu verweilen.

Warum fotografierst du? Seit wann und welche Motive?
Die Fotografie ist für mich ein reines Hobby. Es macht mir einfach Spaß loszuziehen und Dinge zu dokumentieren, außergewöhnliche Ansichten zu produzieren und mich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Dies geschieht alles freiwillig, häufig auch spontan und hängt stark von Lust und Laune ab. Aufträge nehme ich nicht an – dann wäre es kein Hobby mehr, sondern Pflicht und würde jegliche Kreativität verlieren.
Auf meinen Internetauftritten ist ja nicht zu übersehen, dass mein Fokus ganz klar auf der Panoramafotografie liegt. Dazu kommen auch viele Konzert- und Festivalfotos, Makroaufnahmen, Architektur- und Tierbilder. Kurz gesagt, ich mag es gerne extrem. Solche Dinge wie Weitwinkel, lange Belichtungszeiten, wenig Licht, kurze Distanzen oder einfach ganz ungewöhnliche Perspektiven begeistern mich immer wieder. Langweilen tun mich hingegen Models in Studios mit Blitzanlagen oder sonstiger gestellter Schnickschnack.

Wann fotografierst du? Hast du genaue Vorstellungen, wartest du auf gewisse Situationen oder passiert es einfach?
Das kommt immer darauf an. Beispielsweise ist es bei Panoramafotos häufig notwendig, optimale Lichtsituationen zu haben, um die gewünschten 360° auch gut und gleichmäßig auszuleuchten. Dann kommt es durchaus vor, dass ich mir gezielt eine bestimmte Tageszeit und das richtige Wetter aussuche und dann vor Ort auch eine Weile brauche, bis alles im Kasten ist. Eine Vorstellung vom Endergebnis habe ich eher selten, da das menschliche Auge nur einen Blickwinkel von etwa 150° hat. Somit ist es schwierig, sich eine 360° Ansicht im Kopf „zusammen zu setzen“.
Ich verabrede mich außerdem gerne mit anderen Fotografen, um Fototouren zu machen auf denen wir dann bestimmte Motive im Fokus haben. Andererseits habe ich die Kamera oft auch einfach dabei und fotografiere spontan, was mir vor die Linse kommt. Dies führt natürlich dazu dass man nicht immer optimale Bedingungen vorfindet und sich immer wieder neuen Herausforderungen stellen muss.

Du hast dich unter anderem auf Panoramen spezialisiert, extrem weitwinklige Fotos bis hin zu 360° Panoramen. Warum?
Angefangen hat alles mit einem Urlaub an der Nordsee. Ich wollte das Meer fotografieren und bemerkte, dass ich den gewünschten Bildausschnitt nicht mit einem Foto abdecken konnte. Daraufhin machte ich mehrere Einzelaufnahmen von links nach rechts, welche ich später am PC „von Hand“ zusammensetzte. Die dabei entstandene 180° Ansicht hat mich fasziniert, weil man sowohl das gesamte Meer, als auch Teile vom Strand sehen konnte, ohne den Kopf drehen zu müssen.
Heute mache ich meine Panoramen mit vielen tollen Hilfsmitteln, wie einem entsprechenden Stativkopf, Weitwinkelobjektiven und leistungsstarker Software. Somit komme ich schneller und effektiver zu präzisen Ergebnissen. Die Faszination und Spannung bleibt aber trotzdem erhalten, denn man weiß nie, wie das zusammengesetzte Resultat aussehen wird, wenn man auf den Auslöser drückt.

Und warum verzichtest du weitgehend auf Menschen in Deinen Bildern?
Bei vielen Panoramaaufnahmen wirken sich Menschen eher „störend“ aus. Durch die vielen Einzelbilder können Personen, die in Bewegung sind, beim Endergebnis mehrfach oder als „Geister“ mit fehlenden Körperteilen auftreten. Außerdem mag ich gerade die sehr technische Darstellung von Panoramen. Das heißt, gerade Linien, große Flächen und viel Symmetrie bestimmen das Bild. Auch hier würden Objekte wie Menschen, Autos oder Tiere eher störend wirken.
Bei meinen Konzertfotos hingegen sind fast ausschließlich Menschen zu sehen. Gerade bei größeren Veranstaltungen, wie Open Air Festivals, mag ich es, auch Besucher und das „drumherum“ zu fotografieren, um die Stimmung einzufangen.

Gibt es Fotografen die dich inspirieren oder beeinflusst haben oder ging das alles von selbst los?
Es gibt zahlreiche Fotografen, von denen ich Tipps und Tricks erlernt habe oder die mir bei technischen Fragen zur Seite standen. Was die Wahl meiner Motive und die Bildgestaltung angeht, hatte ich schon immer meinen eigenen Kopf. In dieser Hinsicht möchte ich mich auch nicht beeinflussen lassen. Trotzdem schaue ich mir täglich die Bilder von anderen Fotografen auf deren Webseiten, Blogs und Community-Profilen an. Wenn ich Zeit dazu habe, gebe ich gerne auch ehrliches Feedback und freue mich auch über eben jenes. Konstruktive Kritik ist mir dabei lieber als Lobeshymnen.

Möchtest du etwas mit deiner Fotografie erreichen und wenn ja, was?
Grundsätzlich verfolge ich mit meinem Hobby kein konkretes Ziel. Im Endeffekt ist es ein Zeitvertreib, der mir viel Spaß bereitet. Natürlich freue ich mich, wenn anderen Menschen meine Bilder gefallen. Und ein bisschen Stolz bin ich, wenn die Fotos in den Medien oder auf einer Ausstellung gezeigt werden. Außerdem finde ich es gut, wenn ich weitere Fotografen mit meiner Panoramanie anstecken kann.

An welchen Projekten arbeitest du gerade?
Ich habe für dieses Jahr einige „Lost Places“ auf dem Schirm – der Besuch des Quelle Gebäudes Ende letzten Jahres und der große Umbau des Z-Baus haben mein Interesse an solchen Themen geweckt. Außerdem plane ich, sofern denn nun endlich mal das Wetter etwas sommerlicher wird, wieder das ein oder andere „Postkarten“-Foto von Nürnberg zu machen. Dabei sollen nicht die Hauptattraktionen im Vordergrund stehen, sondern die kleinen aber feinen Plätze am Rande der großen Touristenmeilen betrachtet werden.

Auf welches Projekt oder auf welche Arbeit bist du besonders stolz?
Hier kann ich keine Konkrete Aussage machen. Ich bin immer stolz, wenn ich mich ein wenig weiter entwickle und Dinge besser mache. Dies können ganz kleine technische Handgriffe sein oder eben die Tatsache, dass ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Aber auch Projekte, die sehr arbeitsintensiv sind, bringen ein gutes Gefühl, wenn ich sie erfolgreich vollende.

Eine Auswahl von Marcos Fotos

Regensburg Skyline - Marco Wenzel

Regensburg Skyline
Eines meiner Lieblingsbilder und ein klischeehaftes „Postkarten“-Panorama. Hier galt die Devise, dass ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Der Mondaufgang und der goldene Sonnenuntergang zur gleichen Zeit waren schon echter Zufall. Zudem waren die Wochen vorher extrem trocken, sodass die Donau sehr ruhig floss und die Spiegelung der Gebäude entsprechend gut sichtbar machte. Das Bild besteht aus 10 Einzelaufnahmen und zeigt einen Blickwinkel von gut 200°.

Little Planet Nürnberg - Marco Wenzel

Little Planet Nürnberg
Hier ist der Hauptmarkt Nürnberg an einem Freitagabend im Mai zur blauen Stunde zu sehen. Viele Leute fragen mich, warum auf dem Bild keine Menschen zu sehen sind, obwohl die Aufnahmen gegen 21 Uhr entstanden. Ganz einfach: Bei einer ausreichend langen Belichtungszeit (hier etwa 5s) werden bewegte Objekte unsichtbar oder höchstens noch als Schatten dargestellt. Der Planeteneffekt entsteht, wenn man das aus 14 Einzelfotos zusammengesetzte 360×180° Bild in stereografischer Projektion betrachtet.

CPO Sex - Marco Wenzel

CPO Sex
Dies sind meine beiden (ehemaligen) Mitbewohner beim Liebesspiel. Die Besonderheit daran ist, dass der Orange Zwergflusskrebs (Cambarellus patzcuarensis sp. orange – CPO) sich häufig nur Nachts paart. Ich hatte das Glück, die beiden tagsüber beobachten zu können. Außerdem sind sie jeweils nur 3-4 cm groß – durch die Aquarienscheibe hindurch ist es also nicht ganz einfach, die Tiere in einer guten Qualität abzulichten.

Low Frequency Assault 2012  - Marco Wenzel

Low Frequency Assault 2012
Dieses Foto entstand bei der letzten großen Veranstaltung der Jungs von „Doom over Nürnberg“ Ende 2012. Es zeigt den Sänger der Doom-Metal Band „Kalmen“. Das Bild hat für mich sehr emotionalen Wert, da dies die letzte Band des Abends und somit das letzte offizielle Highlight im alten Kunstverein vor der großen Umbaupause war. Der gesamte Z-Bau in der Frankenstraße und somit auch der Kunstverein sind aktuell leer geräumt und werden in den nächsten zwei Jahren renoviert. Leider gibt es in dieser Zeit keine Ausweichmöglichkeit für die zahlreichen Underground-Konzerte und Subkulturen. Das Foto wurde mit einem 8 mm Fisheye-Objektiv geschossen. Es spiegelt meines Erachtens die düstere und tieftraurige Musik gut wieder und stimmt ein bisschen melancholisch bei dem Gedanken an einen der besten Clubs in Nürnberg.

U-Bahnhof Fürth Hardhöhe - Marco Wenzel

U-Bahnhof Fürth Hardhöhe
Als Mitglied im 1. Nordbayerischen Amateurfotoclub e.V. habe ich letztes Jahr die Idee gehabt, die U-Bahnhöfe in Nürnberg und Fürth zu fotografieren. Das haben wir mit einigen Mitgliedern kurzerhand zu einem Projekt gemacht und wollen jetzt jedes Jahr im Winter (wenn man draußen nicht gut fotografieren kann/will) eine der U-Bahnstrecken fotografieren. Dieses Jahr war die Strecke Fürth Hardhöhe – Nürnberg Hauptbahnhof an der Reihe. Das Bild entstand aus 12 Einzelaufnahmen.

Mehr Fotos von Marco Wenzel gibts auf seinem Blog und auch in der Fotocommunity.

Danke fürs Interview! :)

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