Barentsburg (Spitzbergen) Impressionen

Die russische Stadt Barentsburg ist nach Longyearbyen der zweitgrößte Ort auf Spitzbergen. Er liegt am Grønfjord, einem Seitenarm des Isfjords, dem größten Fjord der Insel, und ist eine der nördlichsten ständig bewohnten Siedlungen der Welt. Umgeben von den unwirtlichen Weiten der Arktis ist es auch die zweite russische Siedlung auf Spitzbergen. Im Gegensatz zu Pyramiden ist Barentsburg aber kein Lost Place, hier wird noch Kohle abgebaut, gelebt und gearbeitet. Wenn auch nicht mehr in dem Umfang wie früher.

Angefangen hat alles vor etwas mehr als 100 Jahren: In den 1920er Jahren gründeten Niederländer am Grønfjord ein Bergwerk und förderten dort von 1921 bis 1926 Kohle. Sie benannten die Siedlung Barentsburg nach ihrem Landsmann Willem Barents, der als Entdecker Spitzbergens gilt. Im Jahr 1932 wurde das Bergwerk einschließlich der Siedlung an den sowjetischen Staatskonzern Arktikugol verkauft, der seitdem hier seinen Sitz hat. Zu Spitzenzeiten lebten mehr als 1000 Menschen in Barentsburg, doch im Laufe der Jahre schrumpfte die Bevölkerung, vor allem russische und ukrainische Bergarbeiter, auf heute nur noch 300 ständige Einwohner. Man sieht sie nicht auf den Fotos, aber es gibt sie. Sie sind freundlich, grüßen, bleiben aber distanziert und gehen ihren Beschäftigungen nach.

Urlaubort mit Mordor-Flair

Wie in Pyramiden gewinnt der Tourismus an Bedeutung, weil der Kohleabbau immer unrentabler wird. Allerdings läuft das Geschäft noch nicht so richtig rund. Aus verschiedenen Gründen. Während der Pandemie gab es keinen Tourismus, und nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine wurde der Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt, so dass jetzt alle russischen Touristen ausbleiben. Aus anderen Ländern kommen noch Besucher, aber es sind nicht viele. Im einzigen Hotel, dem „Barentsburg“, sind nur wenige Zimmer belegt. Ein paar Tagesausflügler kommen wie wir mit dem Schiff aus Longyearbyen, bleiben ein paar Stunden und verschwinden dann gleich wieder.

Der Ort putzt sich im Rahmen seiner Möglichkeiten ein wenig heraus. Einige Wände und Gebäude sind frisch gestrichen und präsentieren sich im sozialistischen Schick, aber das wird mit dem Hintern wieder eingerissen. Mitten im Krieg Russlands in der Ukraine, organisierten die russischen Einwohner von Barentsburg am 9. Mai 2023 eine „Siegesparade“ durch den Ort, an der 50 Autos, Schneemobile, Lastwagen und Busse teilnahmen, darunter auch ein tieffliegender Hubschrauber. Gruselig. Die Botschaft „Mиру Мир!“ („Frieden für die Welt“), weithin sichtbar am Berghang angebracht, war zu diesem Zeitpunkt leider leider mit Schnee bedeckt.

Ein Viertel der hier geförderten Kohle wird ohne große Umwege direkt verfeuert. Die Gebäude der Siedlung sind das ganze Jahr über beheizt. Das sieht und riecht man. Aus den Schloten des Kraftwerks wabert eine dunkle Wolke über den Ort. Ein Ferienparadies sieht anders aus. Und doch hat Barentsburg seinen Charme, auf eine morbide, unterkühlte, dämonische Art. Zum Glück scheint am Tag des Besuchs keine Sonne. Helles Licht und Farben hätten den Fotos nicht die nötige Stimmung verliehen.

Jonathan Danko Kielkowski war bereits im Juli 2015 in Barentsburg und hat sehr beeindruckende Bilder mitgebracht. Sie sind hier zu sehen.

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