Es dauert nur etwas über eine halbe Stunde mit dem Auto, und man hat es fast bis nach Neumarkt in den Süd-Osten von Nürnberg geschafft. Der Verkehr ist nicht mehr ganz so dicht wie noch in der Nähe der Stadt. Hin und wieder muss ein LKW überholt werden. Irgendwann führt der Weg hinter Postbauer-Heng ab von der Landstraße und durch den immer dichter werdenden Nebel schlängelt sich der Wagen nur noch langsam und vorsichtig in kleinen Gängen den Dillberg hoch. Es ist fast Mittag, als ich auf der Kuppe des Berges am alten Hotel Berghof ankomme. Ob es wirklich der Gipfel vom Dillberg ist, ob es noch irgendwo weiter geht oder ob ich überhaupt noch auf der Erde bin, lässt sich schwer sagen. Der Nebel ist wirklich sehr dicht. Es ist still und es regnet leicht und es gibt keine Anzeichen von irgendeiner bekannten Zivilisation, die noch am Leben wäre.
Das Gebäude war nicht immer ein Hotel, sondern wohl auch mal ein Puff und eine NPD-Tagungsstätte. Intelligentes Leben wurde demnach schon länger nicht mehr gesichtet am Dillberg. Dann waren wahrscheinlich Brandstifter am Werk und nun steht das Gebäude offen, teilweise verkohlt und größtenteils leer vor mir. Ich trete ein und lasse die Kulisse und die Geräusche auf mich wirken. Es gibt keine Scheiben in den Fenstern mehr, die Räume sind kahl und vereinzelt mit Graffitis verziert. Pfützen sind am Boden und es tropft an etlichen Stellen von der Decke. Ich bewege mich vorsichtig durch das Gebäude und erkunde es. Es ist kalt und die feuchte Luft zieht mir in die Klamotten. Es ist nicht völlig still in dem alten Hotel. Es plätschert, knarrt und knaxt unentwegt. Ich halte einige Male inne und versuche zu erlauschen, ob die Geräusche natürlich sind, oder ob sich noch jemand in dem Gebäude befindet. Der Auslöser meiner Kamera klingt mir zu auffällig in der Geräuschkulisse, ebenso meine Schritte auf dem durchnässten Holzboden mit all den Scherben. Meine Lust einem verirrten Gast der letzten NPD-Tagung zu begegnen tendiert gegen Null. Hin und wieder schaue ich, ob mein Auto noch vor dem Hotel steht und ob dessen Scheiben noch ganz sind.
Ich habe im Nachhinein gehört, dass da oben wohl fast immer Nebel ist. Übrigens gibt es auch eine Geschichte, die sich in Neumarkt zu dem Hotel erzählt wird: Früher, vor wenigen Jahrzehnten, soll es in der Nähe eine geschlossene Anstalt für psychisch Kranke gegeben haben. Eines Tages ist dort jemand ausgebrochen und zum Hotel gelaufen. Es war ein Samstag Abend, gegen 20 Uhr, alle Gäste saßen beim Essen. Der Entflohene ging in das Hotel, in die Küche und schlachtete alle Gäste und alle Angestellten mit einem großen Küchenmesser grausam ab und tötete sich danach selbst. Niemand weiß warum. Seitdem, wenn man Samstag Abend zur Uhrzeit des fürchterlichen Geschehens im früheren Speisesaal steht, soll man die Teller der Ermordeten sehen können und ihr Schreien hören…
Danke an Lisa. Auch für die Schauergeschichte.
Update
Mehr Fotos vom Hotel Berghof von Danko.Green auf flickr