Der urbane Raum ist schon etwas Seltsames. Wir leben in einem, er ist Alltag. Er wird von vielen Menschen geteilt und gehört doch niemandem. Eine aufgelegte Ordnung, eine Art von Kompromiss liegt über dem öffentlichen Raum. Man arrangiert sich mit ihm, so wie er ist und man stört sich nicht weiter an ihm. Der Eingriff in den Raum bedingt üblicherweise Ab- und Zustimmung. Denn die Ordnung soll ja erhalten bleiben.
Hier kommt Christian Weber ins Spiel. Künstler, lebt in Nürnberg und kommt aus der Malerei, widmet sich aber auch der Streetart, der Kunst im öffentlichen Raum und insbesondere der Spielart des Urban Hackings. Er greift durch kleine, gezielte und möglichst kreative Arbeiten in den urbanen Raum ein und verändert ihn punktuell. Es geht ihm nur zum kleinen Teil um figurative Arbeiten (ein weites Feld der Streetart), vielmehr soll in den Alltag der Leute eingegriffen werden, sie in Entscheidungssituationen zwingen, kurz zögern und rätseln lassen, Verwirrung stiften.
Ihm gelingt das durch Modifikationen von Bekanntem. Dinge, die oftmals für sich alleine unauffällig sind und oftmals unbemerkt bleiben. Aber für jemanden, der sich gemeinsam mit der Modifikation in derselben Situation befindet, bekommt sie eine Bedeutung, und eine sehr unerwartete dazu. Diese Momente fordert er heraus.
Die Werke werden in den öffentlichen Raum eingebracht und dort sich selbst überlassen. Sie existieren manchmal nur kurze Zeit, wenige Tage (es handelt sich um Aufkleber, die man rückstandsfrei entfernen kann), manchmal bleiben sie aber auch über einen sehr langen Zeitraum bestehen, oftmals unbemerkt von den Menschen und ihrem Alltag.
Nun zeigt die Weinerei Nürnberg im Februar 2012 unter dem Titel „Hin und weg“ eine Sammlung von Fotoabzügen dieser Werke, die u.a. in Nürnberg, Stuttgart, Hamburg, Lüneburg und Berlin entstanden bzw. in die freie Wildbahn gesetzt wurden. Die Vernissage ist am 02.02.2012 um 20 Uhr.
Die Fotos auf dieser Seite zeigen Arbeiten von Christian, die allesamt in Nürnberg, also einer Stadt, die in Sachen Kunst und Zierrat im öffentlichen Raum nach wie vor sehr geizig ist, teilweise vor wenigen Monaten, aber auch vor etlichen Jahren zu finden waren und zum überwiegenden Teil nicht mehr existieren. Und ich freue mich wirklich, diese Bilder zeigen zu dürfen, denn sie beweisen, was man in Nürnberg alles finden kann, wenn man nur etwas sucht und buddelt und das vieles unter der Oberfläche passiert. Diese Sammlung ist übrigens auch unvollständig. Wer nach weiteren Arbeiten stöbert und mit offenen Augen durch die City läuft, wird durchaus fündig.
Offenlegung: Dirk Murschall ist nicht nur Autor dieser Zeilen, sondern auch für Promotion der Weinerei in Nürnberg (weinerei.de) zuständig. Er hat Christian irgendwann letztes Jahr mal gefragt, ob er nicht mal Lust hätte, eine Ausstellung in der Weinerei zu machen.