Zwei riesige alte Industrieareale säumen die Fürther Straße im Westen von Nürnberg. Beide beherbergten einst Vorzeigefirmen. Zum einen AEG (die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft oder auch „auspacken, einschalten, gehtnich“ wie wir Spaßvögel immer posaunten) und zum anderen das Versandhaus Quelle. Beide Firmen sind Geschichte aber ihre architektonischen Schatten nach wie vor großflächig im Stadtbild vorhanden. Über beiden Arealen schwebte und schwebt das große Fragezeichen der Nachnutzung. Was macht man nur mit so viel freiem Raum. Die Lösung kam zögerlich aber dann im Fall von AEG sehr konsequent: wo Freiräume sind, ist die Kunst nicht weit und so ist zumindest das AEG-Gelände in vielen Teilen wiederbelebt und voll mit Kreativen, Aktiven, Künstlern und Zeug bei dem man nur staunen kann. Nächster Pflichttermin um genau das zu begutachten ist der 22. & 23. September 2012.
Aber auch auf der anderen Straßenseite tut sich seit einem halben / dreiviertel Jahr was. Leute mit Tatendrang nisten sich in die mordsmäßig überdimensionierten Räume des Großversandhauses bzw. Kaufhauses ein. Man sieht dem Gebäude interessanterweise nicht an, dass es noch vor wenigen Jahren in Betrieb gewesen ist. Vielmehr wird man in die goldenen 60er Jahre teleportiert und das Bauwerk repräsentiert somit auch etwas eine Firma, die von der Zeit überrollt wurde.
Wie auch immer. Mittlerweile ist das Gebäude – Achtung: Wortspiel – Quelle für Neues. Es tummeln sich Kunsthandwerk & Werkstätten, Design, Architektur, Proberäume, Studios und ähnliches in einigen der Räume. Zwar im Vergleich zum verfügbarem Platz noch verschwindend wenig, aber es tut sich was. Die neuen Nutzer genießen die Freiheiten die solch ein Gebäude bietet, wohlwissend, dass es möglicherweise früher oder später zu einer offiziellen bzw. kommerziellen Nachnutzung kommen kann und die Räume vielleicht auch nur für kürzere Zeit zur Verfügung stehen werden. Die Mietverträge sind befristet. Und auch munkelt man, dass, wenn sich keine komplette Nachnutzung findet, der wohl zwangläufig drohende Denkmalschutz für das Areal durch einen schnöden Abriss nötigenfalls umgangen werden soll. Da das AEG-Gelände gegenüber auch noch Leerstände hat, haben Kritiker ein valides Argument wenn sie behaupten, dass ein zweites riesiges Areal reserviert für Kunst und Kultur vielleicht etwas zu viel des Guten ist. Aber wenn sich solch ein Freiraum und Spielwiese erst mal etabliert hat, wird es später umso schwieriger die Nutzung umzukrempeln. Kann also nicht falsch sein, wenn man jetzt anfängt einfach mal was zu machen mit der alten neuen Quelle, bevor sie vielleicht endgültig zu versiegen droht, was ich an dieser Stelle mal so gar nicht hoffen mag. Ich fühlte mich bei diesem ersten Rundgang und Besuch etwas an das Tacheles in Berlin (ohne den Rock’n’Roll) bzw. vielmehr an das Unperfekthaus in Essen erinnert. Etliche Leute grübeln gerade, was nun genau mit der Quelle passieren soll. Vielleicht wäre so ein Nürnberger Unperfekthaus eine tolle Sache.
Technik: Canon EOS 550D 18-135mm f/3.5-5.6. Die Fotos sind teilweise gecropped und farblich kaum bis stark nachbearbeitet.