Was würdest du mit einer grünen Wiese in Brandenburg machen?

Stell dir vor, es gäbe eine grüne Wiese irgendwo etwas abgelegen in Brandenburg. Diese Wiese wäre knapp 2 Hektar groß. Sie läge in einem kleinen Dorf mit einer knappen dreistelligen Anzahl an Bewohnern ca. 80 km nördlich von Berlin und sonst nicht viel. Der nächste Ort mit Infrastruktur wie einem teilweise genutzten Bahnhof, Supermärkten, Restaurants, etc. wäre ca. 3 km entfernt. Es gäbe einen schönen und sauberen See ca. 1 km entfernt und ansonsten viel Wald, andere Wiesen und Landwirtschaft, saubere Luft, wenig Verkehr. Kurzum, diese Wiese würde ruhig und abgelegen irgendwo im Nirgendwo liegen.

Zackpeng: Diese Wiese gehört nun dir. Wie in einem Computerspiel im ersten Level. Und die Wiese wurde auch direkt als Bauland ausgewiesen. Nicht schlecht! Du kannst jetzt tun und lassen was du willst.

So in etwa sähe diese Wiese von oben aus…

… und so würde sie liegen:

Was macht man mit so einer Wiese?

Schreib deine Idee gerne unten in die Kommentare, egal wie normal oder ausgefallen sie ist. Lass dir ruhig einen Moment oder eine Dusche lang Zeit. Ich bin gespannt, was dir einfällt.

Dieses Gedankenspiel habe ich mit meinem Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis bereits vor einigen Wochen vollzogen und zwar aus konkretem Anlass: diese Wiese gibt es wirklich. Meine Mutter hat unter anderem dieses Stück Land von der Schwester ihrer Mutter, einer Bäuerin in Brandenburg, 1987 geerbt. Ursprünglich gehörte noch der ganze Bauernhof dazu, nur haben es so manche Eigentumsverhältnisse nicht sauber durch die Wendejahre geschafft. Tjanun.

Die Wiese war zwischenzeitlich mal verpachtet und zu Zeiten der DDR bzw. als der Bauernhof noch produktiv war, war sie eine Obstplantage. Seit der Wende sind einige Gebäude in direkter Nähe verfallen und wurden platt gemacht und nun ist diese Wiese einfach Brachland und ungenutzt. Vielleicht bis jetzt?

In Brandenburg tut sich was. Again.

Der Antrieb, sich mit dieser Wiese intensiver zu beschäftigen, kommt nicht ganz so plötzlich, sondern folgt einer generellen Bewegung. In Brandenburg regt sich was und das liegt nicht zuletzt am Boom, den Berlin erlebt. Das gab es schon mal. Als Berlin seine erste Hochphase Anfang des letzten Jahrhunderts hatte („die Goldene Zwanziger Jahre“) strahlte das auch ins Umland ab. Zu der Zeit entstanden in den teilweise sehr idyllisch gelegenen Weiten Brandenburgs viele herrschaftliche Domizile, die gerade auch im Norden von Berlin gut durch die DDR-Zeit gekommen sind, und mittlerweile auch wieder im alten Glanz erstrahlen. Aber nicht nur das.

In Brandenburg etabliert sich eine vielfältige Kultur- und Kreativszene, die sich in innovativen Wohn- und Arbeitsprojekten den Traum von einem Leben außerhalb der Großstadt erfüllt. Die Initiative Kreativorte Brandenburg dokumentiert diese Entwicklung und zählt mittlerweile ca. 40 (!) Coworking Spaces, Zufluchtsorte, genossenschaftliche Wohnprojekte, Retreats, Makerspaces und dergleichen mehr. Wer sich die Geschichte Berlins seit dem Mauerfall in Erinnerung ruft, dem fallen Parallelen und Muster auf. Die Freiräume, die aufgrund der rasanten Entwicklung der Metropole nicht mehr vorhanden sind, werden mittlerweile im Umland gesucht und gefunden.

Mit Neuland 21 gibt es eine weitere Initiative, die sich dieser Entwicklung von wissenschaftlicher Seite her nähert. Statt ländliche Regionen einer Abwärtsspirale aus Landflucht, abnehmender Wirtschaftskraft und sinkender Lebensqualität zu überlassen, will Neuland 21 aufzeigen, wie auch dünn besiedelte Landstriche mit sozialen und digitalen Innovationen wieder zu attraktiven Lebensräumen werden können. Dank der Digitalisierung und durch die Möglichkeit, ortsunabhängig zu arbeiten und auch anderen Trends wie der Wunsch nach ökologischem Leben und Nachhaltigkeit, kann dazu führen, dass das Landleben eine Renaissance erlebt. Die Trends des digitalen Zeitalters bergen großes Potential, Wirtschaft, Arbeit, Versorgung, Mobilität, und gesellschaftliches Leben in ländlichen Gemeinden nicht nur ganz neu, sondern auch wirtschaftlich und sozial nachhaltig zu denken und zu gestalten.

Spielwiese für die Zukunft

Für mich bündeln sich mit meiner Wiese nun einige Handlungsstränge, die sich durch mein Leben ziehen: Urbanismus, Provinzialismus, Digitalisierung, Kultur- und Kreativszene, Stadt- und Landentwicklung. Dieses kleine Stück Land könnte ein praktisches Experimentierfeld für die Themen unserer Zeit werden und sie wäre nicht nur graue Theorie. Ein kleines Team aus Familie und Freunden versammelt sich in diesen Tagen, um dem Thema und der Entwicklung eben dieser Wiese nachzugehen.

Aus unserem Umfeld selbst kamen auch schon sehr viele Ideen, die man grob als „Fluchtfantasien“ umschreiben kann. Demnach könnten wir unter anderem…

  • ein Kollektiv gründen
  • neue Strukturen fürs Zusammenleben ausprobieren
  • nachhaltige Projekte starten
  • Raum für visionäre, zukunftsträchtige Wohnprojekte bieten
  • ein Festival etablieren
  • eine Holiworkfarm für Digitalnomaden bauen
  • einen Biobauernhof gründen
  • oder einen Tiny House Park
  • oder ein Feriendorf für den gestressten Hipster
  • oder einen Rückzugsort ohne Kommerz aber mit Platz für Ideen
  • CoWorking der anderen Art anbieten
  • ein Haus bzw. ein ein KoDorf bauen
  • eine Landpartie für Stadtkinder schaffen
  • die Dorfgemeinschaft revitalisieren
  • die Wiese eine Wiese sein lassen
  • ein Kunstwerk schaffen
  • oder ein metaphysisches Museum

Ob es was davon wird, eine Mischung oder ganz was anderes, wird die Zeit zeigen. Wir machen uns jedenfalls mal ran und schauen, wie realistisch einige der Ideen sind und wie aufwändig und nachhaltig sie wären. Vielleicht probieren wir ja auch die eine nach der anderen mal durch.

Wenn ihr mehr wissen oder mitmachen wollt, dann schreibt mich gerne an oder hinterlasst einen Kommentar. Wenn das Projekt „grüne Wiese Brandenburg“ (Arbeitstitel) eine gewisse Größe erreicht hat, bekommt es auch eine eigene Webseite, Newsletter und anderes Digitalgedöns. Aber so weit sind wir noch nicht. Jetzt feilen wir erst mal an der Idee.

Update Dezember 2019

Bisher hat sich auf der Wiese leider nichts entwickelt und es sieht auch nicht danach aus, als würde demnächst dort was passieren. Nach einigem hin und her haben wir uns entschieden die Sache ruhen zu lassen. Es gibt ein paar Anwohner, die etwas Obst und Gemüse dort anbauen wollen und das klingt nach einer guten und einfachen Lösung. Das Thema Tiny House haben wir verworfen. Macht keinen Sinn in Brandenburg neue Flächen zu erschließen, wenn es so viel Leerstand gibt.

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