Die Kneipe am Eck Bewegung

Aus aktuellem Anlass – denn es ist bald wieder soweit – möchte ich an dieser Stelle kurz das Konzept einer Kneipentour der besonderen Art vorstellen. Vielleicht sogar als Vorbild und Anregung für den einen oder die andere so was auch zu machen. Auch in Nürnberg oder anderswo.

Das ganze wurde in Nürnberg im April 2004 geboren, als Geburtstagsfeier eines (Zufall?) Sozialpädagogen. 44 Leute streiften zu der Zeit bestgelaunt durch die Nürnberger Südstadt auf der Suche nach den „assigsten und abgewracktesten“ Kneipen der Gegend. Lokalitäten mit alten verrauchten Gardinen, dunklen Fenstern, den alten Spielautomaten an der Wand, den alten Möbeln, den Holzvertäfelungen und den immer gleichen vom Leben gezeichneten Gesichtern. Arbeiterkneipen, oder Kneipen von Menschen die mal Arbeit hatten. Oder von Menschen, die noch nie Arbeit hatten. Die Regeln wurden vorher festgelegt: rein, jeder „a Bier, an Schnaps, an Schnitt“ und dann weiter in die nächste Eckkneipe. Das letzte Abenteuer unserer Zeit. Andere Stadtteile folgten. Stadteile mit einer spürbaren Dichte solcher Kneipen. Also Gegenden wie z.B. St. Leonhard/Schweinau. Am kommenden Samstag ist Wöhrd dran.

Solch eine Kneipentour ist in der Tat eine Erfahrung. Für die Kneipen sowie für die Teilnehmer der Tour. Für die Kneipen ist es der reinste Flashmob. Kommt nicht oft vor, dass einige Dutzend Leute (junge Leute!) solch eine Eckkneipe stürmen und dort was trinken wollen. Verwunderte Gesichter bei Barkeepern und den typischerweise nur eher vereinzelnden meist männlichen Gästen. Zudem werden die Getränke sofort bezahlt, was nicht so komplett selbstverständlich ist in jenen Kneipen mit den Strichlisten hinten an der Bar.

Und dann gibt es Annäherungen. Begegnungen der dritten Art. Biere, Schnäpse und Schnitte erleichtern die Interaktion mit den anderen Gästen und dem Barpersonal. Begegnungen, die sonst wohl so nie stattfinden würden. Wann kann man sich denn schon mal mit Dittsche unterhalten?

Etwas Mut gehört indes dazu, zu solch einer Tour. Es ist nicht für jeden ein unbedingt leichter Schritt die angetraute Gesellschaftsschicht zu verlassen, insbesondere wenn’s nach unten geht, in das „Milieu der Gescheiterten“. Ein regelmäßiges selbsterwirtschaftetes Einkommen ist etwas, was normalerweise Abstand von solchen Kneipen und den Schicksalen in ihnen schafft. Dittsche im Fernsehen gucken ist das eine. Dort ist es eine mit einem Fernsehpreis ausgezeichnete Improvisationskomiksendung. Solche eine Kneipentour und ihre Protagonisten sind real. Und man kann nicht umschalten wenn’s unangenehm wird, denn Reibungen sind nicht ausgeschlossen. Man kann aber dabei gewesen sein, wenn’s lustig war!

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