Berlin Impressionen Mai 2016 – Berlin stinkt

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Berlin stink, Berlin ist dreckig, Berlin ist ein Skandal, erklärten uns die famose Chanson Punk Band The Incredible Herrengedeck aus der Hauptstadt schon vor Jahren. Und wie im Video klatsch und schunkelt man begeistert mit. Recht hamse, die drei Jungs, und wäre es anders, dann wäre es nicht unsa Balin! Das  Herrengedeck fängt nicht nur den Geist der Stadt ein und vertonen ihn, sie kommentieren auf amüsante Weise mit ihren Songs auch den Wandel in der und die Projektionen auf die Metropole. Und meine Projektionen finden sich da durchaus wieder. Ich fühle mich bei ihren Konzerten manchmal ein bisschen ertappt und aufs Korn genommen, besonders wenn sie von Großstadtsafaris im Milieuschutzgebiet rappen.

Berlin war früher in den 90ern und frühen Nullerjahren der Ort für meine großartigen urbanen Entdeckungen und diese herrliche Unangepasstheit („In Berlin kann man in Deutschland sein, ohne in Deutschland sein zu müssen“). In Berlin stand schon Gentrifizierung an den Häuserwänden, bevor man in Nürnberg überhaupt angefangen hat zu begreifen, dass sich eventuell in einem Kiez vermehrt Kreative aufhalten, die man verdrängen könnte weil man hip sein möchte und weils cool ist. In Berlin fanden und finden diese großen subkulturellen Strömungen statt von denen mich Techno und Urban Art besonderes interessiert haben. Zudem kamen die ganzen gesellschaftlich relevanten Diskurse über Stadt, Wandel und Urbanismus dort gebündelt und öffentlich diskutiert vor. Viel davon habe ich einfach in Berlin abbekommen und dann versucht auf Nürnberg, das Berlin Bayerns, zu übertragen. Mal hats geklappt, mal eher nicht so.

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Berlin ist Großstadt und immer noch abgefahren genug um dann und wann mal aus der Provinz zu fliehen und die Sensoren für Urbanismus und Subkultur zu eichen. Mir fällt allerdings auf, dass sich mein Entdeckergeist gegenüber der Stadt und auch die Krassheit Berlins spürbar zur Ruhe gelegt haben. Als ich letztens 10 Tage am Stück an der Spree weilte, wandelte ich mit einer nicht ganz unangenehmen Mischung aus Gewohnheit und Desinteresse fast nur auf bekannten Pfaden der Stadt. Es bot sich auch nur wenig Entdeckenswertes an. Die einladend abweisenden Orte, gebastelt aus Schrott und übriggebliebener Industrie, mit ihren Leuten und Musik, findet man jetzt auch nicht mehr an jeder Ecke. Und wenn, dann steht ein aufgeplusteter Mercedes AMG mit dabei und jemand verkauft überteuert Vintage Möbel, wie beispielsweise an der Revaler Straße. Ist auch nicht mehr der echte Spirit.

Berlin ist entmystifiziert. Berlin ist pleite, Berlin hat nüscht, Berlin du kannst ma mal. Und zwar immer mal wieder gerne. Wir kennen uns jetzt so lange, vielleicht lassen wir die Affäre einfach gemütlich laufen und werden gemeinsam alt ohne je zusammen gewesen zu sein. Ick fänd, dit wär schnafte.

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Das einst bekannte, aber mittlerweile übermalte Blu Mural in der Cuvry-Brache in Berlin Kreuzberg. R.I.P.

Fotos aus dem Mai 2016. Siehe auch:

Berlin Impressionen (2015)
Berlin Impressionen (2014)
Berlin Impressionen (2010)

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